Mautstart verschieben

Die Mautausweitung steckt voller Probleme

Wiesbaden, 11. Juni 2024
Bislang gilt die Lkw-Maut in Deutschland für Lastkraftwagen ab 7,5 t. Ab dem 1. Juli sollen auch Fahrzeuge ab 3,5 t für die Maut herangezogen werden. Doch die Mautausweitung steckt voller Probleme: Sie sorgt für eine ungleiche Behandlung von Unternehmen, ist bürokratisch, stiftet nur wenig Nutzen und hat zudem ein ungünstiges Timing. Der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK) fordert, nachzubessern und den Starttermin zu verschieben.
Der HIHK blickt mit Sorge auf den 1. Juli. Dann sind zusätzlich rund 220.000 Fahrzeuge bundesweit von der Maut betroffen. „Viele Unternehmen haben zurecht gehofft, dass sie unter eine mögliche Ausnahmeregelung für handwerksähnliche Berufe fallen. Zu lange hat das Bundesverkehrsministerium die Betriebe darüber im Unklaren gelassen, ob für sie eine Ausnahme gelten wird oder nicht“, so HIHK-Verkehrsexperte Dr. Alexander Theiss. Die Politik möchte eigentlich nur diejenigen zur Kasse bitten, die die Straßen besonders stark belasten. Service- und Werkstattwagen von Handwerkern und handwerksähnlichen Dienstleistern gehören jedoch nicht dazu. „Die Umsetzung ist schlecht gemacht. Nach der jetzigen Regelung muss ein Veranstaltungstechniker Maut zahlen, ein Elektriker, der in der gleichen Messehalle arbeitet, aber nicht. Das ist kaum nachvollziehbar“, merkt Theiss an.
Die Trennlinie zwischen den von der Maut befreiten handwerksähnlichen und den mautpflichtigen anderen Tätigkeiten sei nicht scharf gezogen. Zudem wurde die Liste der handwerklichen Tätigkeiten, die von der Abgabe befreit sind, erst vor wenigen Wochen veröffentlicht. Nur wenige Unternehmen sind darauf vorbereitet und haben laut Mautbetreiber bereits ein Mautgerät im Fahrzeug. „Es ist nachvollziehbar, dass jeder zunächst hofft, dass auch er eine Ausnahmegenehmigung bekommt, wenn solche Ausnahmen versprochen wurden. Erst wenn man Klarheit hat, kümmert man sich um den Termin für den Einbau eines Mautgeräts“, kritisiert Theiss die Kommunikationsstrategie des Bundesamtes für Logistik und Mobilität, das für die Umsetzung der Mautausweitung verantwortlich ist.
„Außerdem kommt das Thema zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Die Wirtschaft steckt im Konjunkturtief, besonders die Bauwirtschaft, die viele kleine Fahrzeuge nutzt. Wenn bald jeder Kilometer zwischen 11 und 25 Cent mehr kostet, ist das ein Problem besonders für die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe, die gerade so zurechtkommen und aktuell wirklich genug andere Sorgen haben,“ mahnt Theiss. „Viele fühlen sich schlecht informiert oder werden nach dem 1. Juli aus allen Wolken fallen, wenn sie das erste Mal kontrolliert werden. Ein Thema besonders im Rhein-Main-Gebiet, wo die Autobahnen oftmals die einzige Verbindung sind, um von A nach B zu kommen. Aber auch für die Nutzung von Bundesstraßen müssen die Fahrzeuge zwischen 3,5 t und 7,5 t technisch zulässiger Gesamtmasse (tzGm) dann zahlen.“ so Theiss.
Der HIHK fordert deshalb Nachbesserungen und eine Verschiebung des Mautstarts, zumal die Mautausweitung viel Aufwand verursacht, aber nur sehr beschränkten Nutzen bringt. „Unsere Infrastruktur ist marode. Sie wieder instand zu setzen, kostet bekanntermaßen viel Geld. Die Maut der 3,5-bis 7,5-Tonner leistet jedoch dazu im Vergleich zum Schwerlastverkehr jedoch kaum einen Beitrag. Ein vernünftiges Verhältnis zwischen Aufwand für die Straßennutzer und dem Erlös für die Straßeninstandhaltung ist nicht erkennbar.“
Auch deshalb sollte die Politik jetzt den Unternehmen in der aktuellen Rezession entgegenkommen und die Schwachpunkte des Mautsystems ausbessern, so die Einschätzung des HIHK. „Für viele unserer Betriebe wäre das eine Entlastung zur richtigen Zeit“, unterstreicht Dr. Alexander Theiss.