Konjunktur in Hessen: Deutliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage

Die Wirtschaft in Hessen hat nach einer leichten Stabilisierung in der Frühsommerumfrage erneuten einen herben Dämpfer erlitten. Der Geschäftsklimaindex sinkt von 103 auf 91 Punkte. Damit liegt er deutlich unterhalb der 100-Punkte-Marke, welche die Grenze zu einem insgesamt positiven bzw. wachsenden wirtschaftlichen Umfeld darstellt.
Sowohl die Einschätzung der aktuellen Lage als auch die Erwartungen für die kommenden Monate fallen pessimistischer aus: Der Saldo der Geschäftslage sinkt um zehn auf fünf Punkte, was auf eine stagnierende Situation hindeutet. Der Saldo der Geschäftserwartungen sinkt um 14 auf minus 21 Punkte und verschlechtert sich damit aus einem bereits negativen Umfeld heraus noch einmal.
Alle betrachteten Branchen verzeichnen einen Rückgang beim Geschäftsklimaindex. Am deutlichsten verliert die Industrie (-22 Punkte), was in der allgemein schwachen Weltkonjunktur und weiterhin hohen Energie- und Rohstoffpreisen begründet ist. Die zweitstärksten Verluste mit minus 20 Punkten verzeichnet das Baugewerbe, das sich mit hohen Kosten und dem neuen Zinsniveau konfrontiert sieht. Der Handel verliert 12 Punkte – hier spielen die Inlandsnachfrage und andauernde Konsumzurückhaltung eine prägende Rolle. Die Dienstleister verlieren sechs Punkte. Mit einem Geschäftsklimaindex von 103 Punkten ist sie jedoch die einzige betrachtete Branche, die noch von einem leicht positiven Marktumfeld berichtet.
Die negativen Erwartungen an die kommenden Monate spiegeln sich auch in gesunkenen Investitions- und Beschäftigungsplanungen sowie deutlich niedrigeren Exporterwartungen wider: Alle drei Salden fallen in den negativen Bereich.
Als größte Risiken für die zukünftige Geschäftsentwicklung werden über alle Branchen hinweg eine möglicherweise schwächere Inlandsnachfrage (58 Prozent) sowie die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (56 Prozent) genannt. Sie lösen den in der Vorumfrage vom Frühsommer zuletzt als größtes Risiko genannten Fachkräftemangel (55 Prozent), sowie in der Umfrage vom Jahresbeginn 2023 genannten Energie- und Rohstoffpreise (ebenfalls 55 Prozent) ab. Die Höhe der Arbeitskosten (45 Prozent) bewerten ebenfalls viele Unternehmen als risikoreich.
„Allgemein befinden sich historisch viele Risiken auf einem hohen Niveau, was die vielfältigen Problemlagen der Wirtschaftspolitik aufzeigt. Im Durchschnitt kreuzen die Unternehmen mehr von den acht zur Auswahl stehenden Nennungen an als jemals zuvor“, so Frank Aletter, Geschäftsführer des Hessischen Industrie- und Handelskammertags e.V. „Insbesondere der starke Anstieg bei der Bewertung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ist Ausdruck der Sorge und Verunsicherung auf Seiten der Unternehmerinnen und Unternehmer. Umso wichtiger ist es, dass die zukünftige hessische Landesregierung Themenfelder wie Verlässlichkeit der Energie- und Rohstoffpreise, Fachkräftesicherung und qualifizierte Zuwanderung sowie Querschnittsthemen wie den vielfach geforderten Bürokratieabbau im Koalitionsvertrag fest verankern – um so die wirtschaftspolitischen Weichen für die nächsten Jahre richtig zu stellen“, so Aletter weiter.
Hintergrund: Der Hessische Industrie- und Handelskammertag informiert in seinen Konjunkturberichten dreimal jährlich über die aktuelle Lage der hessischen Unternehmen und deren Erwartungen bezüglich der Entwicklung von Geschäftslage, Investitionen und Beschäftigung. Die Daten basieren auf den Angaben von rund 2.500 Mitgliedsunternehmen aus Industrie, Bau, Handel und Dienstleistungssektor, die in Bezug auf Branche, Größe und Standort einen repräsentativen Querschnitt der Wirtschaft des Landes abbilden. Die Befragung wurde im Zeitraum vom 18. September bis 9. Oktober 2023 durchgeführt.
Weitere Ergebnisse, auch aus den einzelnen Branchen, werden im detaillierten HIHK-Konjunkturbericht veröffentlicht. Diesen finden Sie rechts zum Download.