Hessische Wirtschaft stabilisiert sich, Ausblick bleibt getrübt
Konjunktur in Hessen zum Jahresbeginn
18. Februar 2020 - Der seit zwei Jahren anhaltende Abwärtstrend der hessischen Konjunktur stoppt zum Jahresbeginn. Die hessischen Unternehmen schätzen die aktuelle und künftige Geschäftslage insgesamt besser ein als noch im Herbst 2019. Das geht aus dem jüngsten Konjunkturbericht des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK) hervor. Der Bericht basiert auf den Antworten von rund 2.600 hessischen Unternehmen, die in Bezug auf Branche, Größe und Standort einen repräsentativen Querschnitt der Wirtschaft des Landes abbilden.
„Hessens Wirtschaft stabilisiert sich. Das ist angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen ein gutes Zeichen. Die Investitions- und Beschäftigungspläne für die kommenden Monate bleiben nahezu unverändert. Sie sollten die weiterhin robuste Inlandsnachfrage aufrechterhalten und die Konjunktur insgesamt stützen“, sagt Robert Lippmann, Geschäftsführer des HIHK.
Gleichzeitig bleibt aber der Blick in die Zukunft getrübt: Während 63 Prozent der hessischen Unternehmen von einer unveränderten Geschäftslage in den kommenden Monaten ausgehen, erwarten nur 16 Prozent eine Verbesserung, 21 Prozent eine Verschlechterung. Im Branchenvergleich ist die Stimmung vor allem in der Industrie und im Handel zurückhaltend. Die hessische Industrie hat abnehmende Auftragseingänge aus dem In- und Ausland zu beklagen und erwartet weiter sinkende Exporte. Im hessischen Baugewerbe und bei den Dienstleistern hingegen wird das Geschäftsklima als positiv angegeben.
„Wir sollten die Stabilisierung der Konjunktur nicht als gesichert betrachten. Die hessischen Unternehmen brauchen kurzfristige und spürbare Entlastungen bei Bürokratie- und Steueraufwand. Und sie benötigen weiterhin Unterstützung bei der schwierigen Suche nach Fachkräften“, sagt Lippmann.
Der Fachkräftemangel ist für 51 Prozent der hessischen Unternehmen das Hauptrisiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Unter allen Branchen leidet das Baugewerbe am meisten darunter, gefolgt von Verkehrsbetrieben und dem Gastgewerbe. „Den hessischen Unternehmen fehlen schon heute 184.000 Fachkräfte. Bis 2030 kommen weitere 100.000 hinzu. Um den Fachkräftemangel beheben zu können, brauchen wir auch mehr Wohnraum für alle Einkommensbereiche. Denn gerade in den größeren hessischen Städten sehen wir einen doppelten Mangel: An Fachkräften und an Wohnraum“, fasst Lippmann zusammen. Konkrete Vorschläge für mehr Wohnungen in Hessen hat der HIHK kürzlich in einem Positionspapier veröffentlicht.
Jedes zweite hessische Unternehmen sorgt sich laut Konjunkturbericht des HIHK vor einer abnehmenden Inlandsnachfrage. Sie dient weiterhin als Standbein der Wirtschaft in Zeiten unsicherer wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen. Für die hessische Industrie steigt die Abhängigkeit vom Binnenmarkt. Angesichts sinkender Auftragseingänge aus dem Ausland bzw. schwacher Exportaussichten sind die Industrieunternehmen vielfach auf eine stabile Inlandsnachfrage angewiesen.
Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen bereiten 50 Prozent der hessischen Betriebe Kopfschmerzen. Im internationalen Geschäft beklagen die Unternehmen besonders die anhaltenden Handelsstreitigkeiten, den schwächelnden Welthandel und geopolitische Unsicherheiten. Mit Blick auf Deutschland nennen die hessischen Betriebe unter anderem die schleppende Digitalisierung und die hohen Energiekosten als wesentliche Risikofaktoren.
Hintergrund: Der Hessische Industrie- und Handelskammertag informiert in seinen Konjunkturberichten dreimal jährlich über die aktuelle Lage der hessischen Unternehmen und deren Erwartungen bezüglich der Entwicklung von Geschäftslage, Investitionen und Beschäftigung. Die Daten basieren auf den Angaben von rund 2.600 Mitgliedsunternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungssektor, die in Bezug auf Branche, Größe und Standort einen repräsentativen Querschnitt der Wirtschaft des Landes abbilden.