Corona-Gipfel: Schmerzhafte Notbremse für Hessens Wirtschaft
23. März 2021
Zu den Beschlüssen des Corona-Gipfels äußert sich Eberhard Flammer, Präsident des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK):
"Die Notbremse ist schmerzhaft für Hessens Wirtschaft. Sie ist nicht notwendig, weil etwa Teile der Wirtschaft zu schnell geöffnet wurden. Sie ist erforderlich, weil der Staat zu langsam ist: Beim Impfen, der Testorganisation, beim Nachvollziehen von Kontakten, beim Impfpass. Selbst zu handeln, mit verantwortungsvollem Schutz zu wirtschaften - das macht hessischen Betrieben Mut. Von einem Lockdown in den nächsten zu taumeln, produziert Frust und Perspektivlosigkeit. Das geht nicht nur an die Substanz, das geht bei vielen Betrieben an die Existenz.
Aus diesen Beschlüssen spricht Ratlosigkeit. Wieder sollen es pauschale Maßnahmen richten. Wieder stehen große Teile der hessischen Wirtschaft still. Ohne zu wissen, ob ihr Verzicht überhaupt eine Wirkung auf die Infektionszahlen hat. Maßnahmen sollten dort ansetzen, wo Infektionen tatsächlich stattfinden. Der Lebensmittelhandel, der täglich von zehntausenden Menschen in Hessen besucht wird, beweist seit Monaten: Der Handel ist kein Infektionsherd. Im Gegenteil, die Wirtschaft sorgt für sichere Umgebungen. Auch mit Click and Meet. Es sollte möglich bleiben, weil es bei geringem Infektionsrisiko und viel Abstand die Nachverfolgbarkeit garantiert. Auch die Öffnung der Außengastronomie würde mehr Sicherheit bedeuten, weil sich die Menschen nach Monaten der Entbehrung nicht mangels Alternativen im Privaten treffen. Leider verharren die Entscheidungen im Tagesaktuellen. Über das Gastgewerbe oder die Veranstaltungswirtschaft, denen die Politik Perspektiven aufzeigen wollte, liest man in den Beschlüssen kaum etwas. Sie werden weiter hingehalten.
Hessens Wirtschaft übernimmt Verantwortung, das zeigt sich auch beim Testen: Fast jeder zweite Betrieb bietet bereits regelmäßig Corona-Tests an oder startet in Kürze damit. In kürzester Zeit und trotz unvollständiger Informationen wurde das organisiert. Politische Appelle an die Verantwortung der Wirtschaft sind weit weniger notwendig als konkrete Angebote.
Natürlich blickt Hessens Wirtschaft mit Sorge auf die steigenden Infektionszahlen. Gleichzeitig sind wir überzeugt: Gesundheitsschutz und Wirtschaftsschutz gehen zusammen. Besonders, wenn verantwortliches Handeln auf Landesebene festgelegt wird und sich Maßnahmen gegen tatsächliche Infektionsherde richten."
© Annika List, HIHK