HIHK begrüßt Entschließungsantrag zur Stärkung der beruflichen Orientierung - formuliert aber auch Kritik
Wiesbaden, 20. November 2024
„Versprechen gehalten!“ – unter diesem Label haben heute die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD ihren Entschließungsantrag zur „Stärkung der dualen Ausbildung durch vielfältige Angebote der beruflichen Orientierung” im Hessischen Landtag eingebracht. Der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK e.V.) begrüßt die klare Positionierung der Landesregierung zur Bedeutung der beruflichen Orientierung und Gleichwertigkeit von dualer und akademischer Ausbildung, weist aber auch deutlich auf Kritikpunkte hin.
„Der Entschluss, die berufliche Orientierung (BO) bereits ab der Grundschule zu fördern und verbindlich in allen Schulformen und -stufen zu verankern, ist ein Schritt in die richtige Richtung“, lobt Kirsten Schoder-Steinmüller, Präsidentin des HIHK. „Die Idee, dass Kinder und Jugendliche ihre Stärken und Interessen schon früh mit der Berufswelt in Einklang bringen können, ist ein entscheidender Ansatz, um den Fachkräftebedarf in Hessen langfristig zu decken. Insbesondere die geplante stärkere Zusammenarbeit zwischen Grundschulen, beruflichen Schulen und Betrieben ist ein wichtiges Signal, das wir vollkommen unterstützen. Wir befürworten auch ausdrücklich die angekündigte Ausweitung der Praktika in der Sekundarstufe, denn Berufe auszuprobieren und mit allen Sinnen zu erfahren, ist ein wesentlicher Baustein im Berufsorientierungsprozess.“
Ebenso würdigt sie die Einführung der „kostenfreien Meisterausbildung“ als richtigen Schritt, um die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zu unterstreichen: „Die duale Ausbildung hat sich als besonders effektives Modell bewährt. Eine Förderung der Meisterausbildung ist daher ein bedeutender Impuls für eine erfolgreiche Fachkräftepolitik in Hessen.“
Wünschenswerte Schritte – jedoch mit Verbesserungspotenzial
Gleichzeitig gibt es aber auch kritische Punkte, die aus Sicht des HIHK nicht unbeachtet bleiben dürfen. CDU und SPD stellen die Bedeutung einer guten beruflichen Orientierung zwar heraus, sorgen aber nicht ausreichend dafür, dass die genannten Ziele in der Praxis auch umgesetzt werden. „Leider sehen wir an vielen Schulen, dass die berufliche Orientierung, insbesondere an Gymnasien, noch nicht den Stellenwert erhält, den sie verdient“, kritisiert Schoder-Steinmüller. „Eine gleichberechtigte Ausbildungs- und Studienorientierung wird an vielen Gymnasien noch immer nicht ernst genommen, und häufig fehlt es an qualifizierten Berufsorientierungslehrkräften, um die Jugendlichen in ihrem Übergang ins Berufsleben gezielt zu unterstützen.“ Die Maßnahmen für eine effektive Berufsorientierung an Gymnasien können nicht auf Lehrkräfte delegiert werden – hier besteht politischer Handlungsbedarf. Ausnahmen für Gymnasien, keine verpflichtenden Kompetenzfeststellungsverfahren durchführen und keine Kooperationen mit Unternehmen eingehen zu müssen, sind aus der Verordnung für Berufliche Orientierung (VOBO) zu streichen.
Gleichzeitig gibt es aber auch kritische Punkte, die aus Sicht des HIHK nicht unbeachtet bleiben dürfen. CDU und SPD stellen die Bedeutung einer guten beruflichen Orientierung zwar heraus, sorgen aber nicht ausreichend dafür, dass die genannten Ziele in der Praxis auch umgesetzt werden. „Leider sehen wir an vielen Schulen, dass die berufliche Orientierung, insbesondere an Gymnasien, noch nicht den Stellenwert erhält, den sie verdient“, kritisiert Schoder-Steinmüller. „Eine gleichberechtigte Ausbildungs- und Studienorientierung wird an vielen Gymnasien noch immer nicht ernst genommen, und häufig fehlt es an qualifizierten Berufsorientierungslehrkräften, um die Jugendlichen in ihrem Übergang ins Berufsleben gezielt zu unterstützen.“ Die Maßnahmen für eine effektive Berufsorientierung an Gymnasien können nicht auf Lehrkräfte delegiert werden – hier besteht politischer Handlungsbedarf. Ausnahmen für Gymnasien, keine verpflichtenden Kompetenzfeststellungsverfahren durchführen und keine Kooperationen mit Unternehmen eingehen zu müssen, sind aus der Verordnung für Berufliche Orientierung (VOBO) zu streichen.
Widersprüche und unzureichende Umsetzung
Besonders problematisch ist die kürzlich beschlossene Deputatskürzung bei den „Ansprechpersonen für Berufliche Orientierung“ (AP BO) in den Staatlichen Schulämtern, die in direktem Widerspruch zu den Aussagen des Entschließungsantrags stehen. „Wenn die Landesregierung die berufliche Orientierung wirklich stärken möchte, müssen auch die Ressourcen dafür aufgestockt werden, anstatt sie um ein Viertel zu kürzen“, stellt die HIHK-Präsidentin klar. Als bedauerlich empfindet sie zudem eine fachliche Einengung: Im Entschließungsantrag wird hauptsächlich das Handwerk angesprochen. „Wir verstehen zwar, dass die Förderung handwerklicher Berufe besonders im ländlichen Raum von Bedeutung ist, jedoch darf der Fokus nicht zu eng gefasst werden“, so Schoder-Steinmüller weiter. „Die gewerblich-technischen Berufe, kaufmännische Ausbildungen und vor allem die MINT-Bildung (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) müssen ebenso als gleichwertige Bestandteile der beruflichen Orientierung betrachtet werden. Digitale Kompetenzen, ein Verständnis von Programmierung und das Interesse an Naturwissenschaften und Technik können nachweislich schon im Grundschulalter gefördert werden. Eine Beschränkung auf das Handwerk ist in der Berufsorientierung weder sinnvoll noch notwendig – zumal zwei Drittel der Ausbildungsverhältnisse auf Industrie und Handel entfallen.“
Besonders problematisch ist die kürzlich beschlossene Deputatskürzung bei den „Ansprechpersonen für Berufliche Orientierung“ (AP BO) in den Staatlichen Schulämtern, die in direktem Widerspruch zu den Aussagen des Entschließungsantrags stehen. „Wenn die Landesregierung die berufliche Orientierung wirklich stärken möchte, müssen auch die Ressourcen dafür aufgestockt werden, anstatt sie um ein Viertel zu kürzen“, stellt die HIHK-Präsidentin klar. Als bedauerlich empfindet sie zudem eine fachliche Einengung: Im Entschließungsantrag wird hauptsächlich das Handwerk angesprochen. „Wir verstehen zwar, dass die Förderung handwerklicher Berufe besonders im ländlichen Raum von Bedeutung ist, jedoch darf der Fokus nicht zu eng gefasst werden“, so Schoder-Steinmüller weiter. „Die gewerblich-technischen Berufe, kaufmännische Ausbildungen und vor allem die MINT-Bildung (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) müssen ebenso als gleichwertige Bestandteile der beruflichen Orientierung betrachtet werden. Digitale Kompetenzen, ein Verständnis von Programmierung und das Interesse an Naturwissenschaften und Technik können nachweislich schon im Grundschulalter gefördert werden. Eine Beschränkung auf das Handwerk ist in der Berufsorientierung weder sinnvoll noch notwendig – zumal zwei Drittel der Ausbildungsverhältnisse auf Industrie und Handel entfallen.“
„Insgesamt ist der Entschließungsantrag ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Umsetzung bleibt ein kritischer Faktor. Es braucht eine ganzheitliche Strategie, die auch die notwendigen strukturellen und finanziellen Voraussetzungen schafft, damit die berufliche Orientierung an allen Schulen effektiv und nachhaltig gestärkt werden kann“, so Kirsten Schoder-Steinmüller abschließend. „Die Wirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zu leisten, aber auch die Landesregierung muss sicherstellen, dass die Rahmenbedingungen stimmen und dass berufliche Orientierung auf allen Ebenen gefördert wird.“
Der Hessische Industrie- und Handelskammertag wird die weiteren Entwicklungen rund um den Entschließungsantrag aufmerksam verfolgen und sich weiterhin für eine vielseitige und zukunftsorientierte berufliche Orientierung einsetzen. Mit der landesweiten IHK-Initiative „BO Hessen“ investiert der HIHK bereits seit 2017 in die praxisnahe BO an hessischen Schulen, die Qualifizierung von Berufsorientierungslehrkräften und die Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen.