International Standort international sichern

Auf einen Blick

Die hessische Wirtschaft ist stark international ausgerichtet. Im verarbeitenden Gewerbe werden etwa 56 Prozent des Umsatzes mit Kunden aus dem Ausland erzielt. Auch im Dienstleistungsbereich spielt das internationale Geschäft eine große Rolle, wie z. B. am Finanzplatz Frankfurt und dem Flughafen als Logistikhub sichtbar wird. Die ausländischen Direktinvestitionen hessischer Unternehmen betragen aktuell 267 Milliarden Euro. Diese internationale Ausrichtung und Wettbewerbsfähigkeit bilden das Fundament des hessischen Wohlstands. Die künftige Bundesregierung sollte hier gezielt unterstützen, indem sie offene Märkte und klare, bürokratiearme Rahmenbedingungen fördert und eine Überfrachtung des Auslandsgeschäfts mit anderen politischen Zielen vermeidet.1
  • Starke internationale Verankerung und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft als Fundament des Wohlstandes in Hessen.
  • Für offene Märkte sowie klare und bürokratiearme Rahmenbedingungen und gegen eine Überfrachtung des Auslandsgeschäfts mit anderen Politikzielen.2

Regeln unternehmensfreundlich gestalten

Zu den bürokratischen Hürden im Auslandsgeschäft gehört seit Jahren die Vergabe von Visa für Geschäftsreisende und Touristen nach Deutschland. Das Anmeldeverfahren über AHKs und private Dienstleister hat die Situation an einigen Standorten verbessert. Dieser Ansatz sollte weitergeführt werden. Dennoch klagen hessische Unternehmen und ihre ausländischen Geschäftspartner weiterhin über praxisferne und langwierige Verfahren. Die Bundesregierung sollte sich für einen einfachen internationalen Geschäftsreiseverkehr einsetzen. Im Warenverkehr fehlen Erleichterungen bei der Zollabwicklung. Im Rahmen der EU-Zollreform ist eine Vereinfachung des EU-Zolltarifs notwendig, um Unternehmen und Zollbehörden zu entlasten. Die Digitalisierung von Zollverfahren und Dokumenten sollte ebenfalls verstärkt vorangetrieben werden. Bei exportkontrollrechtlich relevanten Ausfuhren müssen Genehmigungen auf ministerieller Ebene beschleunigt werden. Eine EU-weit einheitliche Anwendung der Regelungen im Hinblick auf Umsetzungsniveau und Genehmigungsfristen ist notwendig, um faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Ein „Outbound-Investment-Screening“ sollte vermieden werden, um die unternehmerische Handlungsfreiheit zu schützen. Bei Prüfungen ausländischer Investitionen in Deutschland sollten diese unter Berücksichtigung der Kapitalverkehrsfreiheit und des Eigentumsrechts zurückhaltend gehandhabt werden, um Überregulierung und lange Entscheidungsprozesse zu vermeiden.
Forderungen
  • Für ein wirtschaftlich souveränes Europa, das für offene Märkte und praktikable Regeln für Handel und Investitionen eintritt.
  • Funktionsfähigkeit der WTO wieder stärken.
  • Zugleich den Ausbau bilateraler Handelsabkommen zur weiteren Marktöffnung mit wichtigen Handelspartnern und zur Diversifizierung und Absicherung von Lieferketten nutzen.

Offene Märkte sichern, Handelshemmnisse abbauen

Die international ausgerichtete Wirtschaft ist angewiesen auf ein wirtschaftlich souveränes Europa, das für offene Märkte und praktikable Regeln für Handel und Investitionen eintritt. Im Zuge der geopolitischen Verschiebungen in jüngerer Zeit nehmen auch Unternehmen kritische Abhängigkeiten wahr, analysieren die Risiken und passen sich an. Ziel einer flankierenden EU-Strategie für wirtschaftliche Sicherheit müssen die Diversifizierung und das zielgenaue De-Risking sowie die Öffnung neuer Märkte für resiliente Lieferketten sein.3
Einer wirtschaftlichen Abkopplung von einzelnen Ländern sollte kein Vorschub geleistet werden. Dabei sollten konkrete Änderungen von Lieferketten unternehmerische Entscheidungen bleiben. Ganz allgemein liegt es auch im Interesse der exportorientierten hessischen Wirtschaft, wenn die WTO als Garantin einer regelbasierten Welthandelssystems wieder gestärkt wird. Darüber hinaus sollte der Ausbau bilateraler Handelsabkommen konkret zur weiteren Marktöffnung mit wichtigen Handelspartnern genutzt werden und zur Diversifizierung und Absicherung von Lieferketten beizutragen. Dabei sollte auf eine mittelstandsfreundliche Umsetzung geachtet werden. Im Verhältnis zu den USA bietet der Transatlantische Handels- und Technologierat TTC die Chance, globale Zukunftsstandards zu setzen. Im Verhältnis zum UK und zur Schweiz sollten zudem die bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine enge Anbindung an den EU-Binnenmarkt zu gewährleisten.
Forderungen
  • Visaverfahren vereinfachen und beschleunigen.
  • EU-Zollverfahren vereinfachen und Digitalisierung vorantreiben.
  • Unternehmerische Freiheit bei grenzüberschreitenden Investitionsentscheidungen achten.4

Lieferketten resilient und nachhaltig gestalten

Politische Ambitionen im Nachhaltigkeitsbereich dürfen nicht zum internationalen Wettbewerbsnachteil werden. Die EU-Handelspolitik sollte bei der Aushandlung von bilateralen Abkommen Überfrachtungen mit handelsfernen Themen vermeiden und den Fokus auf die Verankerung international vereinbarter Standards legen. Regelungen in den Bereichen Menschenrechte, Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz sollte die Bundesregierung international vorantreiben. Vorgaben zu Sorgfaltspflichten in Lieferketten sollten so bürokratiearm und praxistauglich wie möglich umgesetzt werden. Hierbei ist ein Augenmerk auf die Digitalisierung von Prozessen zu legen. Ferner sollten Berichtsportale und deren Zugänge vereinheitlicht zur Verfügung gestellt werden, damit diese praxistauglicher erscheinen - und somit auf größere Akzeptanz stoßen. Aufgrund von Haftungsrisiken drohen Beeinträchtigungen bei der Diversifizierung von Lieferketten und der Rückzug aus bestimmten Ländern. Bei der Umsetzung anderer Due-Diligence-Gesetze sollte berücksichtigt werden, dass Unternehmen bereits mit einer Vielzahl an Sorgfaltspflichten und Dokumentationsanforderungen konfrontiert sind. Zur Eindämmung des Klimawandels bedarf es globaler Lösungsansätze und eines koordinierten Handelns aller relevanten CO2 -emittierenden Länder. Die Unternehmen sind gleichzeitig auf einen wirksamen und effizienten Schutz vor Carbon Leakage angewiesen. Der avisierte internationale Klimaclub sollte daher rasch mit wichtigen Handelspartnern in verbindlicher Form umgesetzt werden. Bei der Umsetzung von CBAM muss insbesondere die Exportseite vor Standortnachteilen bewahrt und der Bürokratieaufwand etwa durch ein EU CBAM Self-Assessment Tool, Bagatellregelungen und Standardwerte reduziert werden.6
Forderungen
  • Vermeiden, dass politische Ambitionen im Nachhaltigkeitsbereich zum internationalen Wettbewerbsnachteil für die Wirtschaft werden.
  • EU-Vorgaben zu Sorgfaltspflichten in Lieferketten so bürokratiearm und praxistauglich wie möglich umsetzen.
  • Zur Eindämmung des Klimawandels internationalen Klimaklub mit wichtigen Handelspartnern umsetzen.5

Ergänzungen der IHK Kassel-Marburg

1) Ferner muss die Digitalisierung außenwirtschaftsbezogener Prozesse dringend vorangetrieben werden, um Unternehmen die Ausübung bürokratischer Pflichten zu erleichtern.
2) Weiterer Spiegelstrich eingefügt: - Für die Vereinheitlichung von Berichts- und Meldeportalen und das Anstreben eines „Single Point of Contact“.
3) Neuerliche, bürokratische Pflichten dürfen nicht zum Konterkarieren dieser Bestrebungen führen. Insofern müssen Themen, wie bspw. das LkSG bzw. CSDDD oder auch die Entwaldungsverordnung praxisnah gestaltet werden oder gar in Gänze überdacht werden, da sich hier verstärkt gezeigt hat, dass dies zum Rückzug aus internationalen Märkten führen kann und Unternehmen ihre Lieferketten verschlanken.
4) Weiterer Spiegelstrich eingefügt: - Neue Berichtspflichten stark vereinfachen oder in Gänze überdenken.
5) Weitere Spiegelstriche eingefügt: - Gegebenheiten auf internationalen Märkten in den Vordergrund rücken und die politischen Ambitionen auf dieser Grundlage bewerten. - Technologieoffenheit in den Fokus rücken, Anreize zur Weiterentwicklung bewährter Technologien setzen.
6) Weiterhin sollte die Devise der Technologieoffenheit ausschlaggebend bei allen Bestrebungen sein. Hierbei sind Anreize zu setzen, die auch auf eine Weiterentwicklung bewährter Technologien abzielen – und so sowohl der Nachfrage als auch der wirtschaftlichen Erfüllbarkeit seitens der Unternehmen gerecht wird.