Finanzplatz Frankfurt - Regulierung mit Augenmaß
Auf einen Blick
Der Finanzplatz Frankfurt und die dort ansässigen Unternehmen der Finanzbranche sind von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaftskraft des Landes, für die Unternehmensfinanzierung, für den Erhalt und die Schaffung von qualifizierten, hochwertigen Arbeitsplätzen, für die Standortqualität sowie für die Zukunftssicherung der gesamten Region Frankfurt-RheinMain. Die Politik muss darauf hinwirken, dass Frankfurt diesen Status als international wettbewerbsfähiger Finanz- und Versicherungsstandort bewahren und weiter ausbauen kann. Unternehmen der Finanzbranche dürfen in ihrer wichtigen Finanzierungsfunktion für die gewerbliche Wirtschaft nicht durch überbordende Regulierung beeinträchtigt werden. Folgende Forderungen stellt der HIHK in diesem Kontext an die neue Bundesregierung:
- Politisches Bewusstsein für die Bedeutung des Finanzplatzes schärfen
- Augenmaß bei der Regulierung der Finanzbranche wahren; Komplexität und Risikogehalt der betriebenen Geschäfte berücksichtigen
- Nachhaltigkeitsberichtspflichten entschlacken, KMU entlasten
- Finanztransaktionssteuer verhindern
Bewusstsein für den Finanzplatz Frankfurt schärfen – Finanztransaktionssteuer verhindern
Die bundesweit wohlstandsfördernde Wirkung eines prosperierenden Finanzplatzes Frankfurt sollte noch stärker im Bewusstsein der Verantwortlichen im (wirtschafts-) politischen Berlin verankert werden. Hierzu zählen nicht zuletzt Augenmaß und Besonnenheit bei der Regulierung der Finanzbranche, indem etwa bei Übernahme von EU-Regelungen in nationale Rechts- und Aufsichtspraxis kein Wettbewerbsnachteil für die deutsche Finanzwirtschaft durch zusätzliche Regeln verursacht wird. EU-Vorgaben sollten daher 1:1 umgesetzt, Opt-Out-Möglichkeiten, wo sinnvoll und sachgerecht, genutzt und Abweichungen, die komplexe Zusatzbelastungen für Finanzdienstleister in Deutschland bedeuten könnten, vermieden werden. Kreative Innovationstätigkeit bei der Entwicklung von Finanzmarktprodukten darf nicht bereits im Keim durch zu strenge Regulierung erstickt werden. Politische Initiativen, die die Funktionsfähigkeit des Finanzplatzes beschädigen können, müssen ferner zwingend unterbleiben. So droht etwa eine (teil-)europäische Finanztransaktionssteuer, über die in der Vergangenheit immer wieder EU-weit diskutiert worden ist, keine signifikanten fiskalischen Erträge zu generieren, wohl aber große Kollateralschäden für die Beschäftigung am Finanzplatz, für die Unternehmensfinanzierung und für die Altersvorsorge hervorzurufen. Die künftige Bundesregierung sollte daher eventuell aufkommenden Ansinnen in der EU, eine Diskussion über eine solche Steuer wieder aufleben zu lassen, eine klare Absage erteilen.
Forderungen
- Bei Übernahme von EU-Regelungen in nationale Rechts- und Aufsichtspraxis Wettbewerbsnachteile für die deutsche Finanzwirtschaft vermeiden.
- Finanzmarktinnovationen nicht durch zu strenge Regulierung behindern.
- Initiativen zu einer (teil-)europäischen Finanztransaktionssteuer eine klare Absage erteilen.
Nachhaltigkeitsberichtspflichten reduzieren – Transformation fördern
Die Politik hat im Kontext der nachhaltigen Transformation u. a. mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Taxonomie-Verordnung eine bürokratische und kleinteilige Herangehensweise zur Mobilisierung privater Finanzierungsmittel (Sustainable Finance) gewählt, die erhebliche Akzeptanzprobleme und hohe administrative Lasten – insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen – hervorruft. Negative Folgewirkungen drohen auch über den eigentlichen Anwendungsbereich hinaus, wenn etwa nicht börsennotierte KMU unterhalb bestimmter Schwellenwerte, die zwar von den Vorschriften der CSRD formal nicht erfasst werden, von größeren – verpflichteten – Geschäftspartnern in der Lieferkette oder von Kreditinstituten zur Datenabgabe angehalten und mithin mit den gleichen bürokratischen Anforderungen konfrontiert werden (Trickle-down-Effekt).
Auf allen politischen Ebenen sollte daher darauf hingewirkt werden, Belastungen von Unternehmen durch Nachhaltigkeitsregulierungen, -berichtspflichten und -nachweisen zu minimieren. Damit KMU nicht mit vielen unterschiedlichen Informationsabfragen seitens ihrer Stakeholder konfrontiert werden, könnte ein einheitlicher freiwilliger Standard – bei entsprechender Akzeptanz der Geschäftspartner – die Chance bieten, den Aufwand zumindest in Grenzen zu halten. Letztlich muss freilich sichergestellt werden, dass KMU die für das Gelingen der nachhaltigen Transformation nötigen Finanzierungsmittel weiterhin erhalten.
Forderungen
- Auf allen politischen Ebenen darauf hinwirken, Belastungen durch Nachhaltigkeitsregulierungen, -berichtspflichten und -nachweisen zu minimieren.
- Praktikabilität eines einheitlichen freiwilligen Standards prüfen, um Informationsabfragelasten an KMU zu begrenzen.
Proportionalität in der Finanzmarktregulierung wahren – Auswirkungen evaluieren
Gerade für Start-up-Finanzierungen, aber auch zur Finanzierung von Innovationsprojekten im Rahmen der nachhaltigen Transformation, kann der Kapitalmarkt eine wichtigere Rolle in Deutschland spielen. Eine Europäische Kapitalmarktunion könnte daher Optionen für die Finanzierung der Realwirtschaft eröffnen und die Finanzierung von Gründungen, Unternehmensnachfolgen und Restrukturierungen stärken. Wichtig ist in diesem Kontext, dass einfache, einheitliche und standardisierte Regeln geschaffen werden, die die Attraktivität für Investoren erhöhen, aber auch für die Unternehmen kosteneffizient umsetzbar sind. Ein Ausbau der kapitalmarktbasierten Unternehmensfinanzierung darf allerdings nicht dazu führen, dass die hierzulande überwiegend bankbasierte Finanzierung der KMU geschwächt wird.
Denn obwohl die Regulierung seit der Finanzkrise 2008 die Finanzstabilität in Europa insgesamt erhöht hat, erschwert sie zugleich die Mittelstandsfinanzierung. Die Kreditvergabe verteuert sich, wodurch sich die Zinslast auch für die Kunden der gewerblichen Wirtschaft erhöht. Bestimmte Geschäfte wie die Start Up-Finanzierung werden unter diesen Bedingungen immer schwieriger. Diese Entwicklung muss aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft aufgehalten werden. Finanzmarktregulierung sollte proportional zu Komplexität und Risikogehalt der betriebenen Geschäfte ausgestaltet, Auswirkungen regulatorischer Anforderungen auf die Unternehmensfinanzierung laufend evaluiert und bei Bedarf mit Blick auf die notwendigen Investitionen und Finanzierungsspielräume der Unternehmen angepasst werden.
Forderungen
- Kapitalmarktbasierte Unternehmensfinanzierung ausbauen, ohne bankbasierte Finanzierung der KMU zu schwächen.
- Regulierungszuwachs stoppen; Finanzmarktregulierung proportional zu Komplexität und Risikogehalt der betriebenen Geschäfte ausgestalten.