HIHK-Podiumsdiskussion: Höhere Steuern drohen

21. Mai 2021

Detaillierte Pläne für eine Erhöhung der Einkommensteuer legen SPD, Linke, und Bündnis 90/Grüne vor. Auf einer digitalen steuerpolitischen Podiumsdiskussion vom Hessischen Industrie- und Handelskammertag und der IHK Gießen-Friedberg erklärten der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, und die Mitglieder im Finanzausschuss des Bundestages, Wolfgang Strengmann-Kuhn von Bündnis 90/Grüne und Jörg Cezanne von der Linkspartei, Steuererhöhungen zum Mittel der Wahl für die zukünftigen politischen Herausforderungen nach der Bundestagswahl im September 2021. Unternehmen betrifft die Einkommensteuer als Gewinnsteuer für Personengesellschaften. Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU, sprach sich indes gegen Steuererhöhungen beim Einkommensteuertarif aus. Sie warnte außerdem davor, dass zahlreiche Unternehmen ins Ausland abwandern würden, sollte es eine sogenannte „Reichensteuer“ in Höhe von 75 Prozent geben. Thema der steuerpolitischen Diskussion war die Frage, ob auf die Corona-Krise Steuererhöhungen folgen werden. Moderator war Ralf Euler, verantwortlich für die Rhein-Main-Berichterstattung der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.
Beim Einkommensteuertarif erklärten Grüne und SPD übereinstimmend ihre Pläne, den Spitzensteuersatz auf 48 Prozent anzuheben. Die Linke möchte den Spitzensteuersatz noch höher ansetzen, und zwar auf 53 Prozent ab 70.000 Euro zu versteuerndem Einkommen. Weiterhin will die Partei Die Linken die „Reichensteuer“, also die erhöhte Einkommensbesteuerung für sehr hohe Einkommen, deutlich verschärfen: 60 Prozent oberhalb von 260.000 Euro und 75 Prozent ab 1 Million Euro. Der Grundfreibetrag solle von aktuell 9.744 Euro auf 14.400 Euro steigen. Diesen Schritt der Entlastung kleinerer Einkommen möchten auch die Grünen verwirklichen.
Die AfD will den Einkommensteuertarif grundsätzlich reformieren, wie Albrecht Glaser, finanzpolitischer Sprecher ausführte. Statt eines linearen Anstiegs des Steuersatzes soll ein Stufentarif mit drei unterschiedlich hohen Steuersätzen eingeführt werden. Eine Gegenposition zu Steuererhöhungen nahm die FDP ein. Sie sieht den dringenden Bedarf, die Konjunktur zu stärken; von daher dürfe es keine Steuererhöhungen geben, so Till Mansmann, Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages.
Rainer Schwarz, Präsident der IHK Gießen-Friedberg, plädierte mit der Forderung nach einer erneuten Ausweitung des Verlustrücktrags für eine Entlastung der Unternehmen. Zahlreiche Unternehmen könnten ihre in der Corona-Krise erlittenen Verluste nur unzureichend verrechnen. Aktuell sei ein Verlustrücktrag nur in das unmittelbar vorangegangene Jahr möglich. Diese zeitliche Begrenzung sollte entfallen und ein Rücktrag in weiter zurückliegende Veranlagungszeiträume – mindestens fünf vorangegangene Jahre – ermöglicht werden. Das rücktragbare Verlustvolumen von aktuell 10 bzw. 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung sollte zudem auf mindestens 50 bzw. 100 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung erhöht werden. „Eine nochmalige Ausweitung ist denkbar“, bestätigte Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD. Auch die anderen Parteienvertreter signalisierten ihre Zustimmung zu dieser Initiative.
Der IHK-Präsident unterstrich auch, dass die Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen insgesamt bei höchstens 25 Prozent liegen sollte. Aktuell beträgt dieser Wert 30 Prozent und mehr, Deutschland nimmt damit im EU-Vergleich eine Spitzenposition ein. Die tatsächliche Höhe ist vom jeweiligen Gewerbesteuerhebesatz einer Gemeinde abhängig. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages für Bündnis 90/Grüne erläuterte, dass das Konzept der Grünen zur Vermögensteuer oberhalb von 2 Millionen Euro Vermögen pro Person jährlich 1 Prozent betragen solle. Die Linkspartei verfolgt die mit Abstand schärfsten Vermögensteuerpläne. Laut Jörg Cezanne, Mitglied im Finanzausschuss des deutschen Bundestages für die Partei Die Linken, würde die Steuer mit 1 Prozent starten und dann bis zu einem Nettovermögen von 50 Millionen Euro stetig bis zum Höchstsatz von 5 Prozent steigen.