Fachkräftereport 2022

Auch in der aktuellen HIHK-Konjunkturumfrage von Frühjahr 2023 dominieren noch immer die hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie anhaltende Lieferkettenprobleme unverändert die Risikowahrnehmung der hessischen Unternehmen. An zweiter Stelle folgt darauf jedoch schon der Fachkräftemangel, den rund 57 Prozent der Unternehmen als Risiko einstufen. 
Aufgrund der Corona-Pandemie war im Jahr 2020 die Nachfrage nach Fachkräften vorübergehend gesunken, sodass nur eine Lücke von etwa 30.000 Fachkräfte herrscht. Ab 2021 stieg die Nachfrage jedoch konsequent wieder an, sodass derzeit bereits wieder eine Lücke von rund 136.000 Fachkräften klafft. Werden keine Gegenmaßnahmen ergriffen, wird diese Lücke bis zum Jahr 2035 auf rund 523.000 Fachkräfte ansteigen. In seinem Fachkräftereport 2021 prognostizierte der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK) e.V. noch einen Mangel von „nur“ 495.000 Fachkräfte.
Dafür verantwortlich ist der längerfristig wirkende demografische Wandel. Er setzt sich nach und nach durch und sorgt für einen Rückgang beim Arbeitskräfteangebot. Nach den Berechnungen im aktuellen Fachkräftemonitor geht das Arbeitskräfteangebot bis zum Jahr 2035 voraussichtlich um 28 Prozent zurück. Das Durchschnittsalter der Arbeitnehmer steigt im gleichen Zeitraum von derzeit 46 auf 51 Jahre. 
Beruflich Qualifizierte machen dabei ganz eindeutig den Löwenanteil des Fachkräftemangels aus – aktuell und auch zukünftig. Um dem entgegenzuwirken, bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung aller Akteure, um beispielsweise möglichst viele junge Menschen für eine duale Ausbildung zu begeistern. Das beginnt zuallererst mit einer Verbesserung der beruflichen Orientierung an den Schulen: Sie sollte auch stärker in den Kernfächern aufgegriffen werden. Hier wären beispielsweise konkrete Vorgaben wünschenswert, die das Kultusministerium erarbeiten sollte. In der letzten Novellierung des Lehrkräftebildungsgesetzes wurde bereits eine wichtige Weiche gestellt, indem dort die Berufliche Orientierung als Querschnittsthema verankert wurde“, so HIHK-Präsidentin Kirsten Schoder-Steinmüller.
Aber auch die qualifizierte Zuwanderung stellt einen wichtigen Baustein im Maßnahmenkatalog zur Fachkräftesicherung in Hessen dar. Mit dem Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes im März 2020 wurde auch hier bereits ein wichtiger Schritt unternommen. „Im Zuge der Umsetzung des Gesetzes sind Verbesserungsmöglichkeiten offensichtlich geworden. So sollte zum Beispiel eine „Zentrale Ausländerbehörde“ für das beschleunigte Verfahren in Hessen eingerichtet werden, idealerweise angegliedert an eine bereits bestehende Ausländerbehörde mit Erfahrung in der Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens, um so Fachkräfteverfahren hessenweit gebündelt und im Rahmen von einheitlichen Verwaltungsprozessen schneller bearbeiten zu können“, so Schoder-Steinmüller.
Hintergrund:
Die Ergebnisse entstammen dem IHK-Fachkräftemonitor Hessen und der begleitenden Veröffentlichung „Fachkräftereport 2022“. Der IHK-Fachkräftemonitor ist eine Gemeinschaftsentwicklung der Industrie- und Handelskammern und der WifOR GmbH. Basierend auf Konjunkturumfragen und Langfristprognosen werden Schätzungen für das langfristige Arbeitsangebot und die langfristige Arbeitsnachfrage vorgenommen. Die Ergebnisse werden differenziert nach Berufsgruppen, Branchen, Regionen und Qualifikationsniveaus bis zum Jahr 2035 ausgewiesen.