Interview mit Prof. Dr. Helge Braun (Chef des Bundeskanzleramts & Bundesminister für besondere Aufgaben, MdB, CDU)

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Das Interview in Textform

Die Steuerbelastung von Unternehmen ist international hoch. Wie wollen Sie das ändern?
Minister Braun: Wir planen als CDU eine Unternehmenssteuerreform, die aus unserer Sicht auch dringend überfällig ist. Und die wesentlichen Kernelemente sollen sein, dass wir die Gewinnbesteuerung über alle Steuerarten bei 25 Prozent deckeln wollen, Erleichterung bei der Thesaurierungsbegünstigung, bei den Verlustvorträgen und bei den Abschreibungen. Das sind, glaube ich, so die wesentlichen Punkte.
Können Sie nachvollziehen, dass die hohen Stromkosten in Deutschland den Unternehmen Sorgen bereiten?
Minister Braun: Natürlich. Darüber reden wir mit der energieintensiven Wirtschaft ja seit Jahren. Deutschland ist kein Niedrigpreisland, was Energie angeht. Wir haben die besondere Ausgleichsregelung, die auch immer im Streit mit der europäischen Union steht. Wir haben jetzt in den letzten ein, zwei Jahren auch gesehen, dass die EEG-Umlage massiv steigen würde. Und dann haben wir eben gesagt: Okay, dann steuern wir dem auch gegen. Und das ist, glaube ich, etwas, was die Wirtschaft sehen muss. Wir haben das im Blick und wir achten darauf, dass die Strompreise eben nicht durch die Decke gehen, sondern dass wir ein Industriestandort bleiben. Und deshalb haben wir zunächst die EEG-Umlage stabilisiert, jetzt senken wir sie und unser Ziel ist, sie komplett abzuschaffen. Aber wir schauen natürlich nicht nur auf die EEG-Umlage, sondern auch auf andere Strompreisbestandteile, wie zum Beispiel die Netzentgelte, damit in jedem Fall es weiterhin und auch in Zukunft eine gute Idee ist, energieintensive Wirtschaft in Deutschland zu betreiben.
Wie wollen Sie Klimapolitik wettbewerbsfähig gestalten?
Minister Braun: Das Erste ist, wir müssen natürlich den Weg zur Klimaneutralität so kostengünstig wie möglich gestalten. Das erreichen wir, wenn wir marktwirtschaftliche Instrumente einsetzen und das nicht versuchen, dirigistisch vorzuschreiben. Deshalb war uns sehr wichtig, dass wir auch für die Sektoren Verkehr und Gebäude zu einer CO2-Bepreisung kommen, ähnlich wie wir das aus dem Industriesektor schon kennen. Weil das ganz objektiv dafür sorgt, dass die Lenkungswirkung richtig ist und wir zum kostengünstigsten Preis zur Klimaneutralität kommen. Die Kehrseite ist, wenn wir ein solches Instrument haben und andere nicht, dann hat das natürlich Folgen für alle, die im internationalen Wettbewerb stehen, was ihre Wettbewerbsfähigkeit angeht. Und deshalb ist der nächste Schritt, dass wir ein solches System europäisieren wollen, dass es da gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa gibt. Dazu passen auch die Vorschläge von Ursula von der Leyen, was das europäische Bepreisungssystem für CO2-Ausstoß angeht. Auch weltweit muss man dann entsprechend Ausgleichsregelungen finden. Das haben wir getan mit unserer so genannten Carbon-Leakage-Verordnung. Dass wir also sagen: Wer im internationalen Wettbewerb steht, bekommt einen Ausgleich und muss diese Kosten nicht im vollen Umfang tragen, damit er weiter wettbewerbsfähig ist mit seinen Energiekosten. Selbst dann, wenn sie fossil sind.      
Wie wollen Sie für eine Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur sorgen?
Minister Braun: Das Besondere der letzten Jahre ist ja, dass wir im Bundesverkehrswegeplan über 350 Milliarden Euro geplant haben für die Modernisierung und den Ausbau unseres Verkehrswegenetzes. Das heißt, es ist sehr viel Geld dafür vorgesehen worden und die Engpässe liegen also gar nicht in den Finanzierungen, sondern in der Umsetzung. Und damit ist das Thema Planungsbeschleunigung eigentlich der zentrale Problempunkt und da sind wir aber leider nicht alleine auf der Welt.
Wie wollen Sie die langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen?
Minister Braun: Wir haben ja in dieser Legislaturperiode schon mehrere Planungsbeschleunigungsgesetze auf den Weg gebracht, aber sehr Grundlegendes wird auch in Europa und zum Teil sogar darüber hinaus geregelt, zum Beispiel in der berühmten Aarhus-Konvention, die auf UN-Ebene angesiedelt ist. Und da brauchen wir Flexibilisierungen. Eine dieser Regeln, die materielle Präklusion, ist ganz wichtig. Verkehrsprojekte müssen schnell geplant werden können. Wenn etwas nicht geht, ein frühes Scheitern ist okay, aber das späte Scheitern und das langgezogene Planen ist etwas, das behindert unsere Infrastruktur und deshalb müssen wir daran etwas ändern.
Da gibt es eine Menge Dinge, die zum Teil ganz lebenspraktisch sind, also zum Beispiel die Digitalisierung unserer Kartierungen. Das, was heute sozusagen in langen Gutachterprozessen aufgearbeitet wird, wenn irgendwo eine Infrastruktur geplant ist: Welche Umweltbedingungen, welche Wasserbedingungen, welche Luftreinheitsbedingungen müssen dort herrschen? Das wird ja alles sehr händisch gemacht.
Und natürlich ist die Struktur so, dass wir auch die Konsensfindung über große Projekte, jetzt rede ich über so etwas, wie so einen Berliner Flughafen oder einen zusätzlichen Terminal oder Startbahn in Frankfurt, Stuttgart 21. Da muss man frühzeitig Bürgerbeteiligungsprozesse so starten, dass es auch einen Konsens über das Großprojekt gibt.