Interview mit Dr. Bettina Hoffmann (MdB, Bündnis 90/Die Grünen)

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Das Interview in Textform

Wie wollen Sie die langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren bei Verkehrsprojekten beschleunigen?
Bettina Hoffmann: Es wird sehr viel über Planungsbeschleunigung diskutiert. Ich finde, wir müssen den gesamten Prozess betrachten. Wir müssen die Planung, den Bau und die Umsetzung mitdenken, denn das sind nämlich auch entscheidend lange Phasen. Natürlich müssen wir die Planung optimieren. Da wird aus meiner Sicht häufig ein Konflikt zum Naturschutz aufgebaut. An manchen Stellen ist der auch gegeben, aber das ist nicht das, was die Planung erschwert, sondern Personalmangel in den Behörden, in den Gerichten, doppelte Planungsprozesse erschweren das und ein nicht stringentes, abgestimmtes Planungs- und Bauverfahren. Deswegen wollen wir zum Beispiel interdisziplinäre Planungsteams bilden, die von Anfang an des Projektes bis zum Ende das Ganze betreiben. Da gibt es keine Reibungsverluste und die Verantwortlichkeiten sind geklärt. Und natürlich wollen wir ganz frühzeitig eine Bürger/-innen-Beteiligung haben, damit nämlich die Akzeptanz da ist und nicht im Nachhinein immer wieder neue Fragen auftreten.
Dieses Gerücht, dass Klagen, zum Beispiel von Umweltverbänden, die Hauptverzögerung für Planung und Umsetzung seien, das ist zigfach widerlegt. Es geht wirklich darum, zu sagen: Doppelte Planung vermeiden, Digitalisierung einsetzen. Daten wie zum Naturschutz sind auf einheitlichen Plattformen anzubieten, vor allem bundesweit einheitlich zu denken. Weil es macht keinen Unterschied, ob eine Schienentrasse nun in Hessen gebaut wird oder bei dem Übergang in Niedersachsen plötzlich andere Regeln gelten. Das müssen wir einheitlich regeln und dann geht das auch schneller.
Wie wollen Sie Klimaschutz wettbewerbsfähig machen?
Bettina Hoffmann: Natürlich kann man das über Preisanreize setzen, wie zum Beispiel einen CO2-Preis. Wenn wir den jetzt beispielsweise zügig auf sechzig Euro die Tonne erheben wollen, dann ist das ja im Vergleich eher noch weniger. Wenn man alles über den CO2-Preis regeln würde, dann würde der sehr schnell sehr deutlich ansteigen und dann wären meines Erachtens die Betriebe noch in schwieriger Situation. Wir wollen aber auch zum Beispiel den Betrieben günstige Strompreise ermöglichen über langfristige Verträge, die sie ersteigern können, so ähnlich wie Industriestrompreise zum Beispiel. Wir wollen das EEG reformieren, dass da Ungerechtigkeiten herausgenommen werden. Und so ist es ein Maßnahmenbündel, mit dem wir arbeiten. Andere Parteien setzen nur auf CO2-Preis, aber da würde die Tonne CO2 sehr schnell sehr viel mehr kosten.
Kreislaufwirtschaft: Was verstehen Sie darunter und wie wollen Sie das erreichen?
Bettina Hoffmann: Ich bin überzeugt, dass wir ohne eine echte Kreislaufwirtschaft, und da geht es jetzt nicht um Müll und Müll getrennt sammeln, sondern in echten Kreislaufen zu denken, das ist der Weg, mit dem wir auch unsere Klimaziele erreichen können. Und das schafft erst mal Chancen für die Industrie, für neue Geschäftszweige, für neue Technologien. Das schafft ganz viele Arbeitsplätze in klein- und mittelständischen Betrieben, die in der Entsorgung arbeiten, im Recycling arbeiten und ähnlichem. Und das schafft ganz viele Handlungsmöglichkeiten auch für Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn wir daran denken, dass wir Gewährleistungsfristen für Elektrogeräte verlängern wollen, dass die Geräte auch reparierbar sein müssen, damit sie nicht nach einem Jahr weggeworfen werden.
Haben Sie ein Beispiel für einen Produktkreislauf?
Bettina Hoffmann: Ich nehme einfach mal unser Beispiel für das Handy-Pfand und Tablet-Pfand. Handy hat jeder, Tablet hat auch jeder. Wir wissen aus Studien, dass über zweihundert Millionen Handys in Schubladen verstauben, die nicht wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden. Das ist keine böse Absicht, aber man muss einen Anreiz schaffen, damit sie wiederverwendet werden oder zurückgeführt werden. Dafür stellen uns dieses Pfand vor. Das schafft einen Anreiz, dass man das zu seinem Händler zurückbringt und dann dieser Händler quasi checkt: Ist das noch nutzbar? Kann man das reparieren? Oder das kann man vielleicht auch nicht mehr und dann wird es recycelt. Und diese Rohstoffe, die in diesem Handy enthalten sind, da reden wir ja immer von seltenen Erden, von Kupfer, von Gold natürlich auch, die sollen in den Kreislauf zurückgeführt werden. Und das kann man zu ganz hohen Anteilen schon recyceln. Und das führt dazu, dass wir nicht in anderen Orten in der Welt weiter diese Rohstoffe teilweise unter schlechten Menschenrechts- und Umweltbedingungen abbauen müssen.