Corona-Gipfel: Kaum Perspektiven und viele Fragezeichen für Hessens Wirtschaft

4. März 2021

Zu den Beschlüssen des Corona-Gipfels äußert sich Eberhard Flammer, Präsident des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK): 
„Die Beschlüsse sind frustrierend fürs Hessens Wirtschaft. Sie geben den hessischen Betrieben nach quälend langen Wochen kaum Perspektiven, dafür jede Menge Fragezeichen. Viele Stufen dieses Plans scheinen in ihrer Folge kaum erreichbar zu sein. Die verspätete Bestellung von Selbsttests für den flächendeckenden Einsatz ist ein großes Versäumnis. Das lässt Öffnungen, die an vermehrtes Testen gekoppelt sind, in weite Ferne rücken. So schreibt man den Stillstand in weiten Teilen der Wirtschaft auf mehrere Wochen fort. Viele Unternehmen können den Ruf nach einer erneuten Kraftanstrengung nicht mehr hören - sie sind ausgezehrt. Der HIHK fordert schnellere Öffnungen und einen wirklich verlässlichen Öffnungsplan für alle Branchen. Zudem die schnellere Zulassung und Beschaffung von Tests sowie zügigeres Impfen. 
Der Staat versucht Prozesse zu steuern, ohne auf die Fähigkeiten der Wirtschaft zurückzugreifen. Statt planwirtschaftlicher Konzepte brauchen wir Know-how. Unsere Wirtschaft hat die besten Logistiker der Welt - das sollten wir bei der Verteilung von Impfstoffen und Tests nutzen. Wir haben Expertise im Besuchermanagement, um Terminvergaben für Impfungen besser abzuwickeln und Kundenfrequenzen in Innenstädten zu steuern. Wir haben technische Mittel wie Luftfilter oder UV-C-Lampen zur Desinfektion. Diese lassen sich in Geschäften, Klassenzimmern oder dem ÖPNV nutzen. Mit einer klugen Kombination solcher Maßnahmen, mit schnellerem Testen und Impfen können wir die Pandemie schneller bezwingen.
Seit 79 Tagen darf der stationäre Non-Food-Einzelhandel trotz aller Schutzmaßnahmen nicht öffnen. Obwohl drei Viertel aller direkten Kontakte im Handel im richtigerweise geöffneten Lebensmittel-Einzelhandel stattfinden. Selbst das RKI bescheinigt, dass im Einzelhandel und in Hotels nur ein niedriges Infektionsrisiko besteht. Seit 123 Tagen ist die Gastronomie weitgehend geschlossen. Viele Messe- und Veranstaltungsdienstleister können seit fast einem Jahr nicht arbeiten. Das kann kein Unternehmen unbeschadet überstehen. Es gilt in Hessen insgesamt 1,8 Millionen Arbeitsplätze zu sichern. In diesem quälend langen Lockdown fällt das immer schwerer.
Die Benachteiligung einzelner Branchen muss ein Ende haben. Nicht die Branche oder das Sortiment führen zu Infektionen, sondern wie man sich vor Ort verhält. Entscheidend ist, dass medizinische Masken getragen, Hygienemaßnahmen eingehalten, Abstände gewahrt und Kontakte erfasst werden. Wir brauchen endlich politische Entscheidungen, die das Verhältnis von Gesundheitsschutz und Wirtschaften langfristig tragfähig machen. Die Pandemie dauert bereits ein Jahr. Der pauschale Lockdown für hessische Betriebe wird von Tag zu Tag unverhältnismäßiger.“